Weshalb inflationäre Coins eine unfaire Sache sind und wie Genesis-NFTs es gerechter machen können

Multi
7 min readDec 7, 2021

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Disclaimer: Dieser Beitrag stellt keine steuerliche Beratung dar.

Airdrop mit oder ohne Folgen?

Mit der Vorstellung von Shimmer und Assembly habe ich mir natürlich auch Gedanken gemacht, ob ich die neuen Token (ein)sammle. SMR und ASMB Token erhält man, wenn man seine IOTA „locked“, maximal 90 Tage kann man bei den Airdrops mitmachen. Je länger man mitmacht, desto mehr Token gibt es.

Die Folgen sind drastisch, denn die notwendige Haltefrist für steuerfreie Veräußerungsgewinne verlängert sich von einem Jahr auf zehn Jahre, sobald Token mit Wert zugehen.

Entscheidend ist dabei der Wert der Token zum Zeitpunkt des Zuflusses. Also der Moment, wenn mir die Coins, SMR und ASMB, zugehen und ich darüber verfügen kann. Das sollte im Falle des 90-tägigen Airdrops mit der jeweiligen Genesis-Transaktion des Netzwerks der Fall sein, also nach den 90 Tagen und bevor die Token an der Börse gehandelt werden können. Diese Konstellation hat den Vorteil, dass uns zwar Token zu gehen, diese jedoch noch keinen offiziellen Marktpreis haben. Ob man daher von wertlosen SMR und ASMB Coins ausgehen kann, konnte ich für mich persönlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht final klären.

Die Alternative zur Airdrop-Teilnahme, wäre es, möglichst bei Verkündung des Staking-Beginns, auf dem Höhepunkt des Hypes IOTA zu verkaufen und dann gegen Ende der 90-tägigen Staking-Periode zu wahrscheinlich niedrigeren Miota-Kursen wieder einzusteigen. Die sich aus der Kursdifferenz ergebenden Gewinne könnte man dann nutzen, um sich mit SMR oder ASMB einzudecken. Alles in allem ebenfalls ein heikles Vorgehen mit Unsicherheiten.

An der Stelle ist die Frage angebracht, ob es sich überhaupt lohnt SMR oder ASMB zu erwerben — sei es durch Teilnahme am Airdrop oder durch einen Kauf im Nachhinein.

Shimmer

Das Shimmer Netzwerk ist von der Technik her ein zweites IOTA. Es wird aktuell von der Iota Foundation als Staging-Netzwerk bezeichnet. Das Shimmer-Netzwerk wird über die nächsten Jahre dem IOTA-Netzwerk voraussichtlich immer einen Schritt oder gar mehrere Schritte voraus sein, da technische Entwicklungen zuerst auf Shimmer Einzug erhalten werden. Entsprechend ist das Risiko, dass etwas schiefgeht auf diesem Netzwerk höher.

Assembly

Soweit mir bekannt, wird ASMB der Token eines neuen Multi-Ledgers „Assembly“ sein, der aus mehrerer Smart Contract Blockchains besteht und diese monetär verbindet. Im Zentrum steht die root chain, die von der Iota Foundation betrieben wird.

Generell gilt: eine Blockchain = schlechte Lösung, viele Blockchains = bessere Lösung. Das Problem bisher: Wie bringt man mehrere Blockchains zum kommunizieren? Wie ist eine Transaktion auf Blockchain A auch auf Blockchain B gültig?

Ich zitiere mal aus dem veröffentlichten White Paper:

To address these challenges, the IOTA Foundation’s ISC aims to provide a universal framework and platform for multi-chain DLT hosting parallel yet composable smart contracts, enabled by a native ability of trustless cross-chain transactions which use the scalable IOTA ledger as a backbone.

Mir gefällt, dass Assembly ein eigenständiges Netzwerk mit eigenem Token, losgelöst von Shimmer oder IOTA, ist. Nachteil, es kreiert keine direkte Nachfrage nach IOTA-Token. Warum man die Smart Contracts nicht direkt auf IOTA bauen kann verrät dieser Satz:

The absence of an objective global state of an account prevents IOTA from implementing quasi-Turing-complete programmability of the L1 in the form of classical blockchain smart contacts.

Stattdessen:

IOTA choose to build multiple totally ordered ledgers on top of the IOTA Ledger, essentially layer 2 (L2) blockchains

Das kann man sich dann so vorstellen:

Quelle zu dem Bild so wie den Zitaten: https://files.iota.org/papers/ISC_WP_Nov_10_2021.pdf

Es können also aus Gründen der Skalierbarkeit mehrere Blockchains parallel betrieben werden, deren state dann über den L1 Uxto Ledger von IOTA geteilt bzw. verankert wird. Auf der Blockchain gibt es also jeweils einen global Blockchain state, damit Smart Contracts funktionieren. Um die Blockchains wiederum untereinander zu verbinden(zugunsten der Skalierbarkeit), kommt IOTA’s UXTO Ledger zum Einsatz. Dieser UXTO Ledger hält alle IOTA Adressbestände, über die global Einstimmigkeit herrschen muss.

Für jede dieser Blockchains kann man dann Validator-Nodes betreiben oder man fasst sich ein Herz und betreibt gleich seine eigene Blockchain. Die meisten werden ihre Token den Validatoren zur Verfügung stellen und dadurch Staking Rewards erhalten. Generell will man durch das Einsetzen oder Riskieren von Vermögenswerten(ASMB Token) die Validatoren zur korrekten Ausführung der Smart Contracts bewegen. Ob das alles funktionieren wird und wie viel man damit verdienen kann, bleibt abzuwarten. Assembly wurde erst vor ein paar Tagen vorgestellt. Einer der wichtigsten Männer bei diesem Projekt ist Evaldas Drąsutis, der auch das Whitepaper geschrieben hat. Mein Eindruck ist positiv.

Staking

Weiterer Unterschied: In Shimmer und ASMB ist eine expansive Geldpolitik verankert. Die Geldmenge erhöht sich vorerst jedes Jahr um 8%. Die neuen SMR und ASMB Token werden an Staker verteilt, die ihre Token locken. Eine expansive Geldpolitik sollte im Idealfall Nutzer dazu animieren ihre Token als Währung zu gebrauchen, einzusetzen und auszugeben, eine solche Entwicklung ist auf dem IOTA-Netzwerk derzeit nicht zu erkennen. (Hierbei sei erwähnt, dass dies weniger auf die deflationäre Natur IOTAs, sondern vielmehr auf die Rückschritte bei der usability - Stichwort Firefly, Dust protection - zurückzuführen ist).

Eine expansive Geldpolitik hat den Nachteil, dass die Währung - vorausgesetzt alle anderen Einflussfaktoren bleiben gleich - entwertet und das Geld an Kaufkraft verliert, so wie wir es aktuell mit dem Euro erleben. Allerdings gibt es bei inflationären Kryptowährungen wie auch bei Shimmer die Möglichkeit in die Rolle des Emittenten zu schlüpfen. Nutzer sind also in der Lage ein wenig Zentralbank zu spielen und erhalten von der jährlichen Gelddruckerei einen Anteil entsprechend ihres Einsatzes.

Ab nächstem Jahr könnte es so aussehen(Zahlen erfunden und vereinfacht): Locke 1.000.000 SMR, bekomme in 2022 100.000 SMR dazu. Ein Kaufkraftverlust tritt dann nicht mehr zwangsläufig auf, weil sich die eigenen Taschen theoretisch im gleichen Tempo füllen wie die Währung rechnerisch entwertet. Realistisch betrachtet kommt es jedoch zu einer Entwertung für deutsche Halter. Dies ist mit dem deutschen Steuerrecht zu erklären.

Steuerliche Implikationen

Ist das SMR Netzwerk live, erziele ich aus dem SMR Staking - der Gelddruckerei - Einkünfte.

Die 100.000 SMR sind demgemäß in 2022 zu versteuern. Das Zuflussprinzip greift: Ich muss das versteuern was mir im Kalenderjahr zugeflossen ist: 100.000 SMR.

Wenn ich nicht weiter in SMR investieren, oder anders ausgedrückt, spekulieren möchte, bin ich gezwungen entsprechend meines persönlichen Steuersatzes SMR zu verkaufen, um meine entstehende Steuerschuld in Euro zu begleichen.

Dadurch wächst mein SMR-Bestand um weniger als 8%, während sich die Geldmenge/der Supply von SMR um genau 8% erhöht, folglich schwindet mein relativer Token-Anteil über die Zeit.

An dieser Stelle wird auch klar wer unter Staking mehr leidet und wer weniger. Bei einem persönlichen Steuersatz von 40%, müssen 40.000 SMR versteuert werden. Bei einem Steuersatz von 10%, nur 10.000 SMR. Dem deutschen Steuergesetz sei dank: Gutverdiener werden stärker belastet als Geringverdiener.

In den meisten Fällen sind diese unterschiedlichen Steuersätze auf andere Einkommensquellen zurückzuführen, dennoch sollte man auch das Szenario durchspielen, dass im Erfolgsfall die SMR-Staking-Einnahmen für den Großteil des persönlichen Einkommens verantwortlich sein können und maßgeblich den persönlichen Steuersatz beeinflussen. (Je mehr SMR, desto wahrscheinlicher.)

Wie dem auch sei, der progressive Steuersatz sorgt für eine stärkere Besteuerung und damit einen stärkere Belastung bei höheren Einkommen und bei höherem Staking-Einkünften. Dies führt über lange Sicht zu einer Angleichung der Bestände unter Stakern mit unterschiedlichem Steuersätzen. Je geringer der Steuersatz, desto schneller wächst der Bestand.

Eine weitere Möglichkeit den Bestand schneller anwachsen zu lassen, wurde kurz nach der Vorstellung des Shimmer-Netzwerks preisgegeben. Spezielle Genesis-NFTs sollen es einem ermöglichen mehr als andere von der jährlichen Geldmengenerhöhung zu profitieren. Einfach formuliert: man kann seine Staking-Rewards boostern. Statt 8%, gibt es dann jährlich zum Beispiel (8% + 20% * 8% =) 9,6%. Wie viel man durch den Erwerb von NFTs mit Reward-Funktion schlussendlich mehr bekommt, ist noch nicht entschieden. Ich kann mir vorstellen, dass noch viel Zeit ins Land gehen wird, bis der Mehrgewinn der NFTs zum Tragen kommt. Es handelt sich dabei um ein Langzeit-Investment, das für Staker mit vielen SMR und hohem Steuersatz sinnvoller erscheint, weil sie so ihren Steuernachteil gegenüber kleinen Stakern, deren Bestände relativ gemessen schneller wachsen, zum Teil wieder wettmachen können. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass man mehrere NFTs zusammenlegen kann. Mit maximal drei „Gold NFTs“ (eventuell +50%) könnte man sich die Steuerbelastung (-50%) wegboostern. Im Idealfall gäbe es dann kleine und große Staker, deren SMR-Bestände im Gleichschritt wachsen und entwerten, ähnlich einer linearen Steuer wie der Abgeltungssteuer.

Spekulieren für mehr Gerechtigkeit

Nun haben wir das Ganze nach dem deutschen progressiven Steuersatz bewertet, weil dieser bei Staking anzuwenden ist. Im internationalen Vergleich werden immer diejenigen mehr verdienen, die Staking-Einnahmen möglichst günstig versteuern können. Wenn diejenigen dann noch die NFTs abstauben und sich die Staking-Rewards hochstufen, wird es unschön. Dieser Überlegung folgend, kann ich mir vorstellen, dass viele deutsche Staker nicht jedes Jahr einen Teil ihrer SMR verkaufen möchten. Wie bereits erwähnt: Wenn ich SMR nicht in dem Jahr verkaufe, in dem sie mir zugeflossen sind, zum Beispiel weil ich davon ausgehe, dass SMR nächstes Jahr stark steigen wird, dann spekuliere ich. Spekulation bedeutet immer auch Risiko. Folgendes Negativ-Beispiel: Ich verkaufe 40.000 der mir in 2022 zugeflossenen 100.000 SMR nicht. In 2023 fällt SMR auf Null. Ungeachtet des (sehr) schlechten Kursverlaufs muss ich, bei einem Steuersatz von 40%, 40.000 SMR zum Zuflusswert in 2022! versteuern. Ein Verlustrücktrag kann hier Abhilfe schaffen. Allerdings ist ein Verlustrücktrag auf ein Jahr beschränkt und die Verluste müssen realisiert sein. Fällt SMR beispielsweise erst in 2024 auf Null und ich habe bis dahin nichts verkauft, wird es schwer oder gar unmöglich die in 2022 entstandene Steuerschuld zu verrechnen.

Eine weitere Möglichkeit für jeden IOTA-Halter besteht darin zwar am Airdrop teilzunehmen, jedoch später SMR und ASMB nicht zu staken. Gerade wenn die Staking-Thematik noch Kopfschmerzen bereitet, ist es eventuell erstmal ratsam abzuwarten und den Staking-Knopf nicht gleich zu drücken. In diesem Fall verstärken sich allerdings die oben aufgezeigten Entwertungstendenzen.

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Auf diesem Blog geht es hautpsächlich um Kryptos (IOTA & SMR) und wie diese Technologien rechtssicher in unternehmerische Aktivitäten eingebunden werden können.